Ist ein Monat zu Ende, da schlagen sie auf: Listen, Rankings, Klickzahlen-Charts, Trafficauswertungen. Sie sind undurchsichtig. Genuss kommt beim Lesen und der Interpretation der Zahlen nicht auf.
Motiviert durch zwei Beiträge des gestrigen Tages
Nikos Weinwelten: blogoscoop: November Charts der Genuss- und Wein-Blogs
und die Antwort darauf
enoworldwine: Blog as blog can – Weinblogs und Printmedien
will ich versuchen, Statistiken zu entwirren. Hierzu picke ich mir willkürlich die vorliegenden Statistiken meines Blogs vom 28. November 2008 heraus. Achtung, jetzt kommen Zahlenwüsten in Tabellenform! Als Mathematiker liebe ich, sie auseinader zu nehmen. 😉
Trafficauswertung von gumia.de am 28. November 2008
Statistiktool | Besucher (UV) | Seitenaufrufe (PI) | Hits | Bewertung |
---|---|---|---|---|
Sitemeter | 830 | 1.365 | k. A. | zählt UV, PI via JS |
blogoscoop | k. A. | ca. 1.350 | k. A. | zählt nur PI via JS |
BlogStats WP.com | k. A. | 1.320 | k. A. | zählt I via JS |
SemmelStatz | 1.178 | k. A. | 2.628 | zählt UV, Hits via DB-Zugriff, Feedzählung? |
ZdStatsV2 | 1.907 | 2.169 | k. A. | zählt UV, PI via DB-Zugriff, Feedzählung |
Webalizer 2.01 | 4.514 | 22.197 | 73.468 | zählt viel via Hoster, Feedzählung |
Vom Zähldienst Bloggerei habe ich keine Zahlen. Ich weiß nur, dass die Bloggerei ausschließlich die Besucher UV zählt und diese dabei gar für 6? Stunden blockt. Die Besucherzahlen lägen sicherlich unter den oben genannten Werten.
Was ein Zahlendschungel!
Die Auswertungen zeigen signifikante Unterschiede auf. Dabei kommt es darauf an, wie und was gezählt wird.
Zählung via eingebundenem Javascript
Die Statistiken der drei erstgenannten Tools weisen in etwa ähnliche Zahlen auf. Es werden die Besucher (Anzahl unterschiedlicher IP-Adressen, jeweils geblockt für ein paar Minuten) und ihre Seitenaufrufe (kein Blocken von IP-Adrfessen) erfasst. Nicht erfasst werden Aufrufe der RSS-Feeds.
Zählung via DB-Zugriff
Hier schlagen die Statistiken in die Höhe. Gezählt wird schier alles. Unter die gezählten Besucher mischen sich neben interessierten Lesern, die vor dem Rechner sitzen, auch die Feedleser (dazu gehören auch Feed-Crawler, daher sind Feedlesser ganz schlecht zu zählen), Bots der Suchmaschinen sowie Spammaschinisten aus aller Welt.
Anmerkungen zu Zählungen
Auch Bots haben eigene IP-Adressen. Ich weiß nicht, wie es jetzt ist, aber früher vergab AOL seinen Surfern bei jedem Seitenaufruf eine neue IP. Seitenaufrufe (PI) sind manipulierbar durch schlcihtes Seitenklicken. Unter Hits versteht man den Aufruf jeglicher Art von Datei. Daher rühren die immens hohen Zahlen beim Webalizer des Hosters.
Seitenaufrufe (PI)
Bei Blogs kann man davon ausgehen, dass das Verhältnis von Besuchern zu Seitenaufrufen etwa bei 1:1,6, maximal aber bei 1:2,5 liegt. Auch dieses Verhältnis läßt sich durch Website-, Blogggestaltung beeinflussen. Das ausschließliche Anteasern von Artikeln auf Übersichtsseiten und die von News-Portalen bekannten Klickstrecken (bei Fotoserien oder Quiz oder gar Sudoku) treiben die PI in schwindelerregende Höhen.
Schlussforderung
Aufpassen heißt es, wenn man Statistiken liest, ohne das Tool dahinter zu kennen. Statistiktools sind Trendbarometer. Absolut verlässliche Zahlen gibt es nicht. Daher bedient man sich zwecks Vergleichbarkeit standardisierter Zählmaschinen wie IVW.
Noch ganz kurz zu Online versus Print,
weil es in oben verlinkten Beiträge angesprochen wird. Zahlen vergleiche ich doch nur miteinander, um was aus ihnen zu interpretieren. Im Web lassen sich Angebote beliebig abrufen (Besucher UV) und in beliebiger Tiefe (Seitenaufrufe PI) lesen. Ein Magazin im Print-Abo läßt sich ebenfalls beliebig oft öffnen und intensiv lesen. Oft bedienen sich gar MEHRERE Leser bei EINEM Abo. Zahlenvergleiche hinken, weil hier zwei verschiedene Welten aufeinander treffen. Online wird anders, viel flüchtiger gelesen als in einem Print-Medium.
Ich möchte aber nicht enden, ohne zu betonen, dass die Herren Supp und Pleitgen (siehe hier) zwar Jungblogger sind. Sie sind aber mitnichten webunkundig. Herzlich willkommen in der Bloggerwelt.
Ich hab mir dazu ja auch schon oft die Finger fusselig geschrieben, darum nur kurz: Das ist doch wirklich mal eine etwas andere, mathematisch sachliche Sichtweise auf das Thema.
Das Schlimme ist, dass in den Medien allgemein Zahlen eine immer größere Rolle spielen. Sei es als Auflage, Quote oder Klicks. Wenn man diese auch ohne Leser oder Qualität bekommt, offenbar um so besser.
Interessant auch, dass Blogs, die gerne die besseren Medien sein möchten, immer öfter die gleiche Leier spielen. Nur zugeben tut’s keiner. Die ständig wiederkehrenden Trafficauswertungen sagen ja überhaupt nichts aus, werden aber trotzdem alle zwei Wochen ins Netz gestellt und die Werbung dient auch nur dazu um die horrenden Onlinekosten etwas abzufedern. Und dann wundern wir uns wenn 70% der Online-User Blogs für Unglaubwürdig halten.
Was das Verhältnis online versus print betrifft ist dies im Bereich der Weinmedien vor allem von einer Tendenz geprägt: egal welche Zahlen man nimmt, sie belegen seit Jahren ein Rückgang bei den Print-Medien und einen stetigen Aufstieg der Online-Medien. Wir werden dies nach meiner Einschätzung in den nächsten Monaten noch deutlicher sehen.
Habe eine kleine Umfrage zum Thema „print oder online“ aufgesetzt! Würde mich freuen wenn viele mit abstimmen. Hier gehts direkt zur Weinakademie Berlin und zur Abstimmung!
http://2big.at/v7h
Danke!
Michael Pleitgen